Solidarität mit der Ukraine – das war eine der zentralen Botschaften des 14. Empfangs für Heimatvertriebene, Aussiedler und Flüchtlinge am 3. Juli im Bayerischen Landtag. Nach dem Redebeitrag der ukrainischen Preisträgerin Dr. Oxana Matiychuk, die für ihr Tagebuch über den grausamen Angriffskrieg Russlands die Auszeichnung „Brückenbauer“ erhielt, applaudierten die über 200 Gäste im Plenarsaal minutenlang stehend.
Seit 2008 ehrt die SPD-Landtagsfraktion Menschen, die sich um die Versöhnung und Verständigung Geflüchteter, Heimatvertriebener und Aussiedler verdient gemacht haben. In seiner Begrüßung betonte deren Sprecher für Heimatvertriebene, Volkmar Halbleib, die Bedeutung der Demokratie und wie wichtig es sei, Brücken über Grenzen hinweg für ein gemeinsames Europa zu bauen. Mit dem brutalen Angriffskrieg Russlands seien auch die Deutschen gefordert, ihre Werte und Grundprinzipien zu verteidigen und Solidarität mit den Menschen in der Ukraine zu zeigen. Auch im 20. Jahrhundert prägten Flucht und Vertreibung die Geschehnisse in Europa. Der Kampf für eine Welt ohne Krieg, Flucht, Vertreibung und für Menschenrechte, Selbstbestimmung und Minderheiten sei wichtiger denn je, so der SPD-Landtagsabgeordnete. Mit den Worten Willy Brandts: „Nichts kommt von selbst, und nur wenig ist von Dauer“, unterstrich er, wie wichtig es sei, für die demokratischen Grundprinzipien zu kämpfen.
SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken, MdB, sandte Glückwünsche an die Organisatoren und Preisträger. Sie lobte darin die große Hilfsbereitschaft der Bevölkerung für die Menschen in und aus der Ukraine. Es erfülle sie mit Stolz, wie man in Deutschland der gegenwärtigen Herausforderung von Flucht und Vertreibung begegne. Zu Ehren der Preisträger sandte auch die neue Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Natalie Pawlik, MdB, eine Videobotschaft. Dabei meinte sie, dass sich beim Vertriebenen-Empfang die sozialdemokratische Idee, die Anerkennung der einmaligen historischen Aufbauleistung der Heimatvertriebenen sowie der stark ausgeprägte Versöhnungsgedanke zusammenfinden.
Der Wenzel-Jaksch-Gedächtnispreis 2022, den die Seliger-Gemeinde jedes Jahr verleiht, ging an den 91-jährigen früheren Botschafter der Tschechoslowakei und später der Tschechischen Republik in Berlin, Dr. František Černý. Sein Nachfolger, Tomáš Kafka, betonte in seiner Laudatio den besonderen Stellenwert Černýs und dessen großes Engagement für den Ausbau der deutsch-tschechischen Beziehungen. Mit seinem lebendigen Naturell habe Černý Freude und Freundschaft in die deutsch-tschechischen und in die sudetendeutsch-tschechischen Beziehungen gebracht. Als Maschinendreher, Journalist und später als Botschafter in Bonn und Berlin – in allen Rollen habe Černý als Urgestein deutsch-tschechischer Aussöhnung brilliert, lobte Kafka dessen Verdienste.

Landtagsvizepräsident Markus Rinderspacher würdigte in seiner Laudatio für die Auszeichnung als Brückenbauer das Engagement von Preisträgerin Dr. Oxana Matiychuk, Mitbegründerin und Leiterin des Kultur- und Wissenschaftszentrums „Gedankendach“ der Universität Tscherniwzi (Ukraine). Durch ihr literarisches Tagebuch über den Krieg in der Ukraine lasse sie „mit sensiblem, klugen Blick“ teilhaben am Alltag der Menschen in der Ukraine, der sich von einem auf den anderen Tag dramatisch verändert habe. Mit der Brückenbauer-Auszeichnung werde das völkerverbindende Engagement Matiychuks geehrt. Mit bewegenden Worten schilderte die Preisträgerin die Situation in ihrem Land. Kriegsmüde seien die Menschen, sie bangten und trauerten um ihre Söhne, Väter und Ehemänner. „Wir wünschen uns nichts sehnlicher als das Ende dieses Krieges“, so ihr Fazit.
Als „Brückenbauer“ ausgezeichnet wurde außerdem das Deutschhaus-Gymnasium Würzburg für das Projekt eines deutsch-polnischen Kochbuchs. Die Schülerinnen und Schüler sammelten in Kooperation mit einer polnischen Partnerschule Rezepte. Halbleib würdigte das Kochbuch, das die deutsch-fränkische und die polnische Küche vereine, als beeindruckendes Ergebnis von interkultureller Kompetenz. Die kulinarischen und landestypischen Aspekte beider Regionen kämen darin zum Ausdruck. „Verständigung wird hier zum Genuss und Genuss zur Verständigung“, meinte er mit einem Schmunzeln.
Musikalisch durch den Nachmittag führte das deutsch-tschechische Jugendmusical-Projekt „TISA – eine Liebe ohne Grenzen“, eine Musicalproduktion mit 150 Schülerinnen und Schüler aus Deutschland und Tschechien, bestehend aus Big Band, Orchester und Chor. Für ihre musikalische Umsetzung der deutsch-tschechischen Verständigung, mit selbst gestalteten Kostümen und kreativen Stücken, erhielten die Jugendlichen ebenfalls die Auszeichnung als „Brückenbauer“. Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Ruth Müller, würdigte in ihrer Laudatio „TISA“ als bedeutendes Projekt, das, mit Spaß und einer tiefen Liebesgeschichte, die Beziehungen von Deutschland und Tschechien erzähle. „Das Projekt könne dazu beitragen, durch gemeinsames Musizieren und Proben eine vertrauensvolle Basis für die deutsch-tschechische Nachbarschaft kommender Generationen zu schaffen, betonte Müller.
BdV-Landesvorsitzendem Christian Knauer war es traditionell erneut vorbehalten, das Schlusswort zu sprechen. Darin hob er die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen BdV und SPD in Bayern hervor. Er ließ keinen Zweifel daran, dass die Heimatvertriebenen, Aussiedler und Spätaussiedler den Überfall der Russischen Föderation auf die Ukraine verurteilten. Besonders die Deutschen aus Russland, die für eine bessere Zukunft ihrer Kinder einen Neuanfang in Deutschland wagten, seien entsetzt über das Vorgehen Putins. Die etwa 200 Gäste rief er auf, sich stärker in den politischen Parteien zu engagieren. „Die Freiheit und mit ihre verbundenen Grundrechte sind nichts Selbstverständliches, sondern müssen stets aufs Neue erkämpft und verteidigt werden“, so sein Resümee.