Gedenktag: Ungarisches Generalkonsulat gedachte seiner vertriebenen Deutschen mit Film „Ewiger Winter“

Am 19. Januar 2021 gedachte das ungarische Generalkonsulat in München zusammen mit dem Haus des Deutschen Ostens in einer Online-Präsentation des Films „Ewiger Winter” auch heuer der Vertreibung der Deutschen aus Ungarn. Wegen der Corona-Pandemie musste die schon zur Tradition gewordene Gedenkfeier entfallen. Umrahmt wurde die Vorführung durch Videobotschaften des Generalkonsuls in Bayern, Gábor Tordai-Lejkó, dem Direktor des Hauses des Deutschen Ostens, Prof. Dr. Andreas Otto Weber, dem Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Prof. Dr. Bernd Fabritius, und der Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene, Sylvia Stierstorfer, MdL.

Ungarn ist das bisher einzige Land, das mit einem eigenen Gedenktag an seine vertriebenen ehemaligen deutschen Staatsbürger erinnert, diese in die Restitution einbezogen hat und die verbliebene deutsche Minderheit in vorbildlicher Weise fördert und unterstützt. Über die Einführung eines offiziellen Gedenktages für die vertriebenen und verschleppten Ungarndeutschen entschied das Ungarische Parlament am 10. Dezember 2012. Der Beschluss erfolgte über alle Parteigrenzen hinweg einstimmig. Als Datum wurde der 19. Januar gewählt, der Jahrestag des Beginns der Vertreibung im Jahr 1946. An diesem Tag mussten in Wundersch (Budaörs), in der Nähe von Budapest, die ersten Ungarndeutschen in Viehwaggons ihre ungarische Heimat Richtung Deutschland verlassen. Damit begann die Vertreibung von mindestens 180.000 Ungarndeutschen. Bereits ab Dezember 1944 wurden Ungarndeutsche in die Sowjetunion zur Zwangsarbeit verschleppt. In Ungarn wird jedes Jahr in offiziellen Veranstaltungen der tragischen Ereignisse nach dem Zweiten Weltkrieg gedacht, was eine einzigartige Geste der Versöhnung in Europa darstellt. Auch heuer hat Ministerpräsident Viktor Orban mit dem Abgeordneten der Minderheit, Emmerich Ritter, am Gedenktag einen Kranz an der Gedenktafel der Vertriebenen am Bahnhof von Wundersch niedergelegt. In dem einschlägigen Parlamentsbeschluss heißt es unter anderem wörtlich: „Das Ungarische Parlament hält es für erforderlich, dass der die Menschenrechte schwer verletzenden und unrechtmäßigen Verschleppung der Gemeinschaft der Deutschen in Ungarn, die – durch die Umsetzung des Beschlusses des Alliierten Kontrollrates vom 20. November 1945 – aufgrund des falschen Vorwurfs und des Grundsatzes der Kollektivschuld am Ende des 2. Weltkrieges und in der Zeit danach Verfolgung und Beraubung ihrer Güter erleiden musste, würdig gedacht wird, zollt allen Respekt, die Opfer der Demütigungen, Verschleppungen waren, insbesondere den kirchlichen bzw. weltlichen Personen, die die Verfolgung und sogar den Tod wegen ihres Verantwortungsbewusstseins und ihrer Solidarität für die ihnen anvertrauten Gemeinschaften häufig freiwillig akzeptiert haben, unterstützt und betreibt die Organisation von Gedenkveranstaltungen, die von Unterrichtsmaterialien bezüglich der Verfolgung, Verschleppung und Vertreibung der Ungarndeutschen.“

Derzeit leben 185.000 Personen in Ungarn, die sich bei der letzten Volkszählung 2011 als Zugehörige zur deutschen Nationalität bekannt haben. Die Ungarndeutschen bilden damit die zweitgrößte Nationalitätengemeinschaft unter den 13 autochthonen Minderheiten. In der Person von Emmerich Ritter stellen die Deutschen jedoch als einzige Volksgruppe einen eigenen Abgeordneten im Parlament des Donaustaates.

Der Film „Ewiger Winter“ wurde in der Zeit vom 19. bis 24. Januar in ungarischer Originalsprache mit deutschem Untertitel bereitgestellt. Die Geschichte des 2018 erschienenen ungarischen Filmes beginnt im Dezember 1944. Sowjetische Soldaten verschleppen die arbeitsfähigen Frauen für „eine kleine Arbeit” (Malenkij Robot) für drei Wochen zum Maisbrechen von einem Dorf in Südungarn, das von der deutschen Minderheit bewohnt ist. Irén, die auf ihren Mann, der an der Front kämpft wartet, trennt sich von ihrer Tochter und ihren Eltern in der Hoffnung, bald wieder mit ihnen vereint zu sein. Doch die Besetzer haben einen erbarmungslosen Plan mit den Frauen: sie werden in Viehwaggons in ein sowjetisches Arbeitslager transportiert, wo sie unter unmenschlichen Bedingungen in einem Kohlenbergbau vor Ort Zwangsarbeit leisten sollen. Irén begegnet einem Mann namens Rajmund, der ihr beibringt, wie man die Hölle überleben kann. Zwischen den beiden bildet sich ein besonderes Verhältnis. Kann aber eine in einem Lager entstandene Liebe zur Vollendung kommen, wenn beide von ihren Familien zu Hause erwartet werden? Können sie überhaupt einmal nach Hause kommen?

Ist es möglich Mensch in einer unmenschlichen Welt zu bleiben? Kann man die Hölle überleben und wenn ja, um welchen Preis? Diese Fragen werden vom Regisseur Attila Szász und Drehbuchautor Norbert Köbli in ihrem historischen Drama zur Sprache gebracht. Das Autorenduo wollte mit ihrem Film der zum Schweigen verurteilten Opfer der Malenkij Robot würdig gedenken. Die Hauptdarstellerin Marina Gera wurde für ihre darstellerische Leistung in diesem Film 2019 mit dem „International Emmy Award“ ausgezeichnet. Der Film wurde mit der Unterstützung des Gulag Gedenkkomitees hergestellt.