
Es war eine Premiere in der Geschichte des BdV Bayern. Zum ersten Mal überhaupt hatte die Landtagsfraktion der FDP den geschäftsführenden BdV-Landesvorstand zu einem „Parlamentarischen Gespräch“ ins Maximilianeum eingeladen. Fraktionsvorsitzender Martin Hagen und seine Kollegen, Dr. Helmut Kaltenhauser und Staatsminister a.D. Franz Pschierer, hatten sich am Abend des 11. Oktober ausreichend Zeit genommen, um sich über die Arbeit und die aktuellen Problemfelder des Vertriebenendachverbandes informieren zu lassen. Auf BdV-Seite nahmen Landesvorsitzender Christian Knauer, dessen Stellvertreterin Herta Daniel, Landesschatzmeister Paul Hansel und die Mitarbeiterin für die Öffentlichkeitsarbeit, Susanne Marb, teil.
„Das Treffen war höchst informativ und aufschlussreich“, so kommentierte FDP-Fraktions-vorsitzender Martin Hagen beim Auseinandergehen den Verlauf des Abends. Fortan wolle man sich in regelmäßigen Abständen treffen und austauschen. Der vertriebenenpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Dr. Helmut Kaltenhauser, ist seit Jahren regelmäßiger Gast bei Veranstaltungen der Vertriebenenverbände, besondere Aspekte des BdV waren aber in der Fraktion noch wenig bewusst. Kaltenhauser war es auch, der gemeinsam mit seiner Bundestagskollegin Sandra Bubendorfer-Licht für das Aufeinander-Zugehen von FDP und BdV sorgte. Während Kaltenhauser den Landesvorsitzenden im Sommer zu einem Vieraugen-Gespräch nach München einlud und für dessen Einladung zum FDP-Sommerempfang sorgte, besuchte seine oberbayerische Bundestagskollegin unmittelbar nach ihrer Wiederwahl das Sudetendeutsche Museum und die BdV-Landesgeschäftsstelle. Als erste FDP-Abgeordnete hatte sie zudem eine Delegation des BdV Bayern in den Deutschen Bundestag eingeladen.
BdV-Landesvorsitzender Christian Knauer hob zu Beginn des Gesprächs die „ausgezeichnete Unterstützung“ der Vertriebenen- und Aussiedlerarbeit durch den Freistaat hervor. Mit den Entscheidungen der Staatsregierung und des Landtages durch Neugründungen von Kulturwerken für die Banater Schwaben, die Siebenbürger Sachsen, die Deutschen aus Russland und die Donauschwaben für einen dauerhaften Erhalt des jeweiligen Kulturgutes zu sorgen, sei Einmaliges in Deutschland geschaffen worden. Mit den neuen Einrichtungen vervollständige Bayern seine bereits bestehenden ost- und südostdeutschen Vorzeigeprojekte wie das Sudetendeutsche Museum in München, das ostpreußische Kulturzentrum in Ellingen oder das Schlesische Schaufenster in Straubing. Es sei zudem erfreulich, dass viele Kommunen den Heimatvertriebenen und Aussiedlern Gelegenheit zur Darstellung ihrer Siedlungsgeschichte, ihres Wirkens sowie der Vertreibung und des Neuanfangs geben würden. Er dankte der FDP-Fraktion für die Unterstützung der entsprechenden Projekte im Landtag.
Detailliert legte Knauers Stellvertreterin und Ehrenpräsidentin der Siebenbürger Sachsen, Herta Daniel, den FDP-Politikern den Abbau der Ungerechtigkeiten bei den Rentenberechnungen für die Aussiedler und Spätaussiedler ans Herz. Es sei bedauerliche Realität, dass die nach Deutschland gekommenen deutschen Spätaussiedler heute überproportional von Altersarmut betroffen seien. Die Ursache dafür liege nicht etwa in der jeweiligen Arbeitsbiografie der Betroffenen, sondern in den einseitigen, diesen Personenkreis benachteiligenden Rentensonderkürzungen der 1990er Jahre. So seien 1996 eine pauschale Kürzung aller durch Beitragszahlung vor dem Zuzug erworbenen Anwartschaften im Sinne des Fremdrentengesetzes (FRG) um 40 Prozent und zusätzlich eine lebensleistungs-unabhängige Deckelung der Entgeltpunkte auf einen Betrag unterhalb der Armutsgrenze, ganz gleich, was und wie viel diese Menschen in ihrem Leben gearbeitet haben, erfolgt.
Erschwerend wirke zudem, dass seit 1993 Ehegatten und Abkömmlinge überhaupt nicht mehr in den FRG-berechtigten Personenkreis aufgenommen werden. Dadurch führe eine allein auf FRG-Zeiten basierende Alterssicherung von Familien deutscher Spätaussiedler zwangsläufig in die Altersarmut. Dabei habe gerade dieser Personenkreis nach dem Zweiten Weltkrieg durch Vertreibung, Verschleppung und harte Zwangsarbeit einen besonders hohen Preis für den von Deutschland verbrochenen Kriegsterror gezahlt. Da dieses Anliegen bislang nur von der Union unterstützt worden sei, böte sich bei diesem Thema auch eine Chance für die Profilierung der FDP in der Ampel-Koalition. Welche politische Sprengkraft in dieser Thematik liege, verdeutlichte Daniel mit der Feststellung, dass ein etwa drei Millionen Bundesbürgern umfassender Personenkreis davon betroffen sei.
Landesschatzmeister Paul Hansel beklagte die Diskriminierung der deutschen Minderheit in Polen durch die Kürzung des muttersprachlichen Unterrichts von drei Stunden auf eine Stunde. Hier hätten sich der BdV und die beiden schlesischen Landsmannschaften ein deutlicheres Handeln von Seiten der Bundesregierung erwartet. Daher bat er die FDP-Bundes- und Landespolitik, bei Besuchen in den ost- und südosteuropäischen Ländern stets den Kontakt zu den deutschen Minderheiten zu suchen.